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Inklusion: Mit Unterstützung selbstbestimmt leben
Das eigene Zuhause ist für alle Menschen gleichermaßen wichtig. Es bedeutet Rückzugsmöglichkeit, Geborgenheit, Ruhe und Sicherheit. Zu einem eigenständigen und selbstbestimmten Leben gehört eine angemessene Wohnumgebung. Für die meisten Menschen ist das ganz selbstverständlich. Für Menschen mit Assistenzbedarf ist es immer wieder eine Her-ausforderung, denn passender Wohnraum ist knapp. In Henstedt-Ulzburg konnte jedoch kürzlich ein Haus für eine bunte Gruppe von Menschen unterschiedlichen Alters mit unterschiedlichem Assistenzbedarf gefunden werden. „Mehr davon“ wünschen sich unter anderem die Mitarbeitenden der Stiftung Das Rauhe Haus. „Wir freuen uns sehr, dass wir dieses Wohnobjekt für unsere Klientinnen und Klienten gefunden haben“, sagt Evelyn Iben, Teamleiterin im Bereich Teilhabe mit Assistenz Südholstein der Stiftung Das Rauhe Haus. Zwischen März und Mai dieses Jahres sind zwölf Menschen mit Assistenzbedarf in das Reihenhaus mit drei Wohneinheiten eingezogen. „Damit konnten wir unser Angebot um einige Plätze erweitern.“ Dennoch bleibt ein Aber: „Leider ist es sehr schwer, für Menschen mit Assistenzbedarf Wohnraum zu finden“, erklärt Evelyn Iben. „Eine Wohngemeinschaft ist für die meisten unserer Klientinnen und Klienten ein erster Schritt aus dem Elternhaus hinein in die Eigenständigkeit. Aber ihr eigentlicher Wunsch ist es, allein in einer Wohnung zu leben.“ Doch der Weg dahin ist nicht leicht.
Vorurteile abbauen
Bezahlbarer Wohnraum ist in den meisten Gemeinden knapp und die Nachfrage groß. Viele Vermieter sortieren die Bewerbungen von Menschen mit Unterstützungsbedarf gleich aus oder sind misstrauisch, wenn sie z.B. von einem Mitarbeitenden des Rauhen Hauses kontaktiert werden. „Es kursieren leider viele Vorurteile“, meint Carolin Stief, Pädagogin bei der Stiftung Das Rauhe Haus Südholstein und zuständig für die Anfragen im ambulanten Bereich. „Vermieter haben oft die Sorge, dass die Miete nicht gezahlt werden kann, oder die Mieterin oder der Mieter die Wohnung verwahrlosen lässt.“ Diese Gedanken seien aber unbegründet, so Syscha von Reckow, Sozialpädagogin und Kollegin von Carolin Stief. Denn die Miete sei über das Amt bzw. die Behörde gesichert und die Mieter würden regelmäßig von ihrer jeweiligen Assistentin oder ihrem Assistenten besucht. „Wenn man erstmal die Chance hat, mit Vermietern oder auch Maklern zu sprechen, kann man über solche Befürchtungen sprechen und Unsicherheiten aus dem Weg räumen“, so Carolin Stief. „Aber dafür muss der persönliche Kontakt erstmal möglich sein.“
Inklusion leben
Im Falle des neuen Wohnangebotes ist die Stiftung das Rauhe Haus der Mieter des Hauses. „Das ist zwar eine mögliche Lösung, aber nicht ganz im Sinne des Inklusionsgedankens“, erklärt Evelyn Iben. „Menschen mit Unterstützungsbedarf möchten ja trotzdem wie alle anderen auch, selbst Mieter einer Wohnung sein. Wir sind zwar als Assistenten an ihrer Seite, aber wir wollen unsere Klientinnen und Klienten nicht bevormunden oder in ihrer Selbstständigkeit einschränken.“ Natürlich müsse immer individuell ermittelt werden, was die oder der Einzelne braucht und notwendig ist. Darauf seien dann auch die Angebote der Stiftung zugeschnitten, so Carolin Stief. Die Mitarbeitenden des Rauhen Hauses betreuen ca. 60 Personen in Wohn- oder Hausgemeinschaften sowie in privaten Wohnungen. Die Warteliste ist lang. „Inklusion ist ein langer Prozess,“ weiß Evelyn Iben. „Wir müssen uns als Gesellschaft weiterentwickeln und daran arbeiten, Vorurteile und Berührungsängste abzubauen und immer wieder miteinander ins Gespräch gehen. Nur so können wir für alle Menschen ein gutes Lebensumfeld schaffen.“
Aufnahmeanfragen: Carolin Stief, Tel. 040/298 20 855, Email: cstief@rauheshaus.de