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„Ihnen zur Seite zu stehen, das ist wichtig.“
Das Haus ist umgeben von einem großen Garten mit Holzstapeln, Kaninchenstall und idyllischen Winkeln. An der Haustür steht schwanzwedelnd ein schwarzer Labrador und im Flur zeugt ein großer Basteltisch voller Pinsel, Zeichnungen und Werkzeug von kreativer Energie. „Eigentlich sind wir eine ganz normale Familie, vielleicht einen Tick anders“, sagt Bernd Seeger und zeigt auf ein Foto, auf dem er und seine Frau Marie mit zwei dunkelhäutigen Kindern zu sehen ist. Jonas war gerade vier Jahre alt, seine Schwester Emily zwei, als sie zum Ehepaar Seeger kamen. Die leibliche Mutter war nicht in der Lage, sich um die beiden zu kümmern, und der Vater, der aus Afrika stammt, war mit zwei Arbeitsstellen in der Gastronomie wenig zuhause. „Es war teilweise abenteuerlich, aber wir haben es nie bereut, uns darauf eingelassen zu haben und wir möchten gern auch andere Paare dazu ermutigen“, meint Marie Seeger, die als Sozialpädagogin tätig ist.
Vorbereitung ist wichtig
Mit gemeinsamen leiblichen Kindern hatte es nicht geklappt und so hatte sich das Paar an die Pflegeelternschule gewandt. „Es ist wichtig, Vorbereitungsseminare zu besuchen und sich mit der eigenen Motivation zu beschäftigen“, sagt Bernd Seeger, „Man kann durch das Kind keine Probleme kompensieren und sollte um seine Grenzen wissen.“ Jonas und Emily waren in ihrer Entwicklung anfangs weit zurück. Der damals Vierjährige sprach kaum, die Kinder kannten keinen regelmäßigen Tagesablauf und waren im Umgang mit anderen unsicher. Draußen zu sein, insbesondere im Wald, machte ihnen Angst. „Auch nachdem sie sich zugehörig fühlten zu uns, mochten sie nie allein sein“, erzählt Marie Seeger. „Es dauerte Jahre, bis sie dazu bereit waren.“ In schwierigen Phasen konnten Bernd und Marie Seeger sich auf den Zusammenhalt im Freundeskreis verlassen, in dem es auch andere Pflegefamilien gibt. Die regelmäßigen Gespräche mit der Pflegeelternberatung des Rauhen Hauses und dem Jugendamt bieten auch heute noch gute Möglichkeiten für einen Austausch und einen gemeinsamen Blick auf die Entwicklung der Kinder.
Die Last früher Erfahrungen
Selten für ein Verhältnis zwischen Pflege- und leiblichen Eltern ist bei Familie Seeger der gute Kontakt zum Vater der Kinder. Jonas und Emily unterschieden die Väter anfangs als den „braunen“ und den „weißen“ Papa. Seit vielen Jahren werden viele Feste gemeinsam gefeiert, auch mal mit den Verwandten des Vaters und seiner neuen Familie. Der heute 15-jährige Jonas und seine 13-jährige Schwester haben typisch pubertäre Seiten, halten sich nicht an Regeln, provozieren und streiten. Und sie lachen und erzählen auch wieder gern mit den Eltern. Aber die frühe Erfahrung von Vernachlässigung und Trennung hat Spuren hinterlassen. „Emily hat auch Schwierigkeiten, zum Beispiel beim Lernen, doch sie hatte mehr Halt durch ihren großen Bruder“, erklärt Marie Seeger. „Er hat immer noch Angst, abermals verlassen zu werden. Er hasst Abschiede und wenn ihm ein Kontakt zu eng wird, bricht er ihn ab.“ Mittlerweile kann Jonas reflektiert darüber sprechen und Marie Seeger ist sich sicher, dass beide Kinder ihren Weg machen werden und „irgendwann gut für sich sorgen können“. Bis dahin sehen sich die Eltern als Begleiter. „Da ist es uns egal, ob es eigene Kinder sind oder nicht, es geht darum, für sie da zu sein und ihnen zur Seite zu stehen.“
* Alle Namen von der Redaktion geändert.
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